Praxis für ZahnMedizin

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 Tulus & Tulus
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Fall Nr. 5

Patientin: M.W.C. geb. 1956, Hausfrau

Behandler: Dr. Gabriel Tulus

Anliegen: Durchführung endodontischer Behandlung am Zahn 36 - Überweisungspatientin

Allgemeinmedizinische Anamnese – unauffällig

Zahnmedizinische Anamnese – Patientenangaben zufolge leidet sie unter sich seit Tagen wiederholenden stechenden ausstrahlenden Schmerzen im linken Unterkiefer, die nur nachts auftauchen und nur durch Einnahmen schmerzstillender Medikamente abklingen. Die Patientin gibt an, den schmerzauslösenden Zahn nicht genau lokalisieren zu können. Sie hatte bereits vor ca. 1 Jahr ähnliche Schmerzen, allerdings weniger intensiv als jetzt. Die Patientin stellte sich bereits damals in meiner Praxis vor (auf Empfehlung ihrer Hauszahnärztin), für die Durchführung einer endodontischen Behandlung beim Zahn 46, lehnte aber damals die Behandlung ab, da die Schmerzsymptomatik ohne jegliche Maßnahme wegging. Die Patientin brachte damals eine Röntgenaufnahme mit, die sie jetzt allerdings nicht mehr hatte. Aus der Karteikarteneintragung resultiert, dass der Zahn 36 mit einer großen und tiefen Kompositfüllung versorgt war und pulpitische Symptomatik zeigte.

 

Zahnmedizinische klinische Untersuchung – fokussiert auf linken Unterkiefer

Ø      Gut adaptierte Füllungen an allen Seitenzähnen des linken Unterkiefers

Ø      Bis zum Zahn 36 reagieren alle Zähne des dritten Quadrantes auf Sensibilitätstests

Ø      Bis zum Zahn 36 zeigen die Zähne des dritten Quadrantes keine Perkussionsempfindlichkeit

Ø      Zahn 36 stark perkussionsempfindlich

Ø      Parodontale Sondierungstiefe 2 bis 3 mm mesial, vestibulär und lingual; 5mm distal, ohne endodontischen Bezug

Ø      Keine Schwellungen oder Fistel extra- oder intraoral

Ø      Lockerungsgrad I; keine Furkationsbeteiligung

 

Zahnmedizinische röntgenologische Untersuchung:

Ø      Zahn 36 mit intakter Füllung od bis in Pulpanähe im distalen Bereich

Ø      Stark gekrümmte und teilweise obliterierte Wurzelkanäle am Zahn 36

Ø      Zahn 36 mit apikaler Parodontitis bzw. Ostitis

Ø      Verdacht auf Hyperzemetose im apikalen Bereich der distalen Wurzel

Ø      Knochenabbau zwischen den Zähnen 36 und 37

Ø      Approximale Karies (mesial) beim Zahn 37

 

Diagnostik:

Ø      Symptomatische Parodontitis apikalis 36

Ø      Zweiwandiger Knochendefekt zwischen 36 und 37

 

Therapie – endodontische Behandlung des Zahnes 36 und Rücküberweisung bei der Hauszahnärztin für die weitere Behandlung (Karies, PA)

 

Sitzung 1 – 12.02.2001

Ø      Leitungsanästhesie

Ø      Trepanation des Zahnes und Anlegen einer Zugangskavität unter Kofferdam

Ø      Darstellung der Kanaleingänge unter OPM mit Hilfe von diamantierten Ultraschallspitzen ( beide mesialen Kanaleingänge zunächst mit Reiz- oder Sekundärdentin obliteriert)

Ø      Koronale Erweiterung der Kanäle mit OS-Pro-File

Ø      Sondierung der Kanäle (mesial mit Feilen ISO 08 und distal mit Feilen 12,5) bis zum physiologischem Foramen und elektrometrische Bestimmung der Arbeitslänge (distal keine Reaktion des Apex-Lokators)

Ø      Aufbereitung der stark gekrümmten mesialen Kanäle mit vorgebogenen Edelstahlfeilen nach der von F. S. Weine entwickelten Aufbereitungstechnik, beginnend mit ISO 08 bis jeweils ISO 15

Ø      Röntgenologische Überprüfung der elektrometrisch ermittelten Arbeitslänge (Bild 2,)

Ø      Maschinelle Aufbereitung mit Ni-Ti Feilen der mesialen Kanäle bis ISO 02/20 und der distalen Wurzelkanäle bis ISO 02/35

Ø      Ultraschallaktivierte Spülung mit NaOCl 3% jeweils 2ml pro Kanal nach jedem Instrumentenwechsel

Ø      Medikamentöse Einlage mit Calxyl

Ø      Provisorischer Verschluss mit Cavit

Sitzung 2 – 13.03.2001

Ø      Patientin beschwerdefrei

Ø      Unter Kofferdam werden die Wurzelkanäle weiter maschinell mit Ni-Ti Feilen aufbereitet

Ø      Die distalen Wurzelkanäle erscheinen obliteriert im apikalem Bereich; trotz Einsatz von EDTA haltigen Gleitmittel und Ultraschall ist es nicht möglich das physiologische Foramen zu erreichen (Apex-Lokator kann das Erreichen des Foramen nicht anzeigen)

Ø      Ultraschallaktivierte Spülung mit NaOCl 3% jeweils 2ml pro Kanal nach jedem Instrumentenwechsel

Ø      Überprüfung mit Verifier der zu verwendenden Obturatoren für die Wurzelfüllung

Ø      Anschließende apikale Aufbereitung mit Verifier bei den mesialen Kanälen

Ø      Anschließende ultraschallaktivierte Spülung mit NaOCl 3% jeweils 2ml pro Kanal und EDTA 17%

Ø      Überprüfung der Säuberung und anschließende Trocknung mit sterilen Papierspitzen

Ø      Die Wurzelkanalfüllung erfolgt thermoplastisch mit Soft-Core Obturatoren und AH Plus.

Ø      Röntgenkontrollaufnahme (Bild 4)

Ø      Adhäsiver Aufbau mit selbshärtendem Komposit (Core-Paste)

Ø      Rücküberweisung zur weiteren Behandlung zur Hauszahnärztin

 

Kontrolle nach 32 Monaten (21.11.2003):

Patientin wurde erneut überwiesen für die Durchführung einer endodontischen Revision am Zahn 15. Bei der Gelegenheit wurde auch der Zahn 36 röntgenologisch kontrolliert (Bild 4). Die Wurzelfüllung am Zahn 36 erscheint röntgenologisch unverändert. Die Heilung der periapikalen Läsion ist vollständig. Die Patientin berichtet, dass Sie nach dem Behandlungsabschluß bis dato beschwerdefrei gewesen sei.

 

Epikrise

Eine mögliche Erklärung für die apikale Parodontitis des Zahnes 36 sind die Irritationen, die im Zussammenhang mit der Füllungsversorgung (Präparationstrauma, mögliches starkes Austrocknen des Dentins während der Applikation der Kompositfüllung, verbliebene Phosphorsäurereste, ungenügende Dentinversiegelung), die keine Unterfüllung hatte, aufgetreten waren.

Nach Anamnese und Beurteilung der Röntgenaufnahme ist zu vermuten, dass sich im Bereich der distalen Wurzel zunächst eine akute Pulpitis entwickelt hatte, die für kurze Zeit in ein chronisches Stadium wechselte (mögliche Erklärung für die Hyperzementose und den Verschluss im apikalem Bereich der distalen Wurzel). Anschließend trat rasch eine Pulpanekrose auf. Auch die wesentlich breiteren Kanallumina distal untermauern diese Vermutung (die Sekundärdentinbildung wurde durch die Pulpanekrose unterbrochen). Die vermutete Pulpanekrose bestätigte sich auch klinisch; im Rahmen der Kanälenlsondierung wurde gangränös riechende nekrotische Pulpa in den distalen Kanälen angetroffen Die sehr engen und teilweise im koronalen Bereich obliterierten mesialen Kanäle (möglicherweise durch Bildung von Reizdentin) führen zu der Vermutung, dass in diesen Kanälen über einen längeren Zeitraum ein hyperämisches oder pulpitisches Bild vorhanden war. Eine sehr leichte Blutung bei der Sondierung der mesialen Kanäle gab Hinweise über das Vorhandensein von restlichem vitalen Gewebe.

Die mesialen Kanäle waren zunächst obliteriert und konnten erst nach Erweiterung der Zugangskavität mittels diamantierten Ultraschallspitzen dargestellt werden. Auch eine leichte Verlegung nach mesial mittels OS-Pro-File war notwendig gewesen. Die Sondierung dieser Kanäle erfolgte sehr mühsam, zunächst mit K-Feilen ISO 08 unter Anwendung eines Gleitmittels. Die Aufbereitung dieser Kanäle erfolgte zunächst nach der Weine Technik um unerwünschte Begradigungen, Perforationen der inneren Krümmung und/oder eventuelle Instrumentenfrakturen zu vermeiden.

Die ultraschallaktivierte Spülung der Kanäle mit NaOCl und die anschließende Spülung mit EDTA führten sicherlich zu einer sehr guten Säuberung und Entfernung der Schmierschicht (die sehr gut abgefüllten Apexramifikationen bei der distalen Wurzel deuten auf eine gute chemische Reinigung hin).

Die Röntegenkontrolle zeigt eine homogene und wandständige Wurzelkanalfüllung, die thermoplastisch mit Soft-Core Obturatoren und AH-Plus erfolgte.

Trotz gutem apikalem Stop und keiner Patency, konnte eine leichte Überstopfung mit Sealer im Rahmen der thermoplastischen Wurzelkanalfüllung bei den mesialen Wurzelkanälen nicht verhindert werden.

Die röntgenologisch unveränderte Wurzelkanalfüllung und die vollständige Heilung der periapikalen Läsion wie auch die Beschwerdefreiheit der Patientin sprechen für einen Erfolg der durchgeführten endodontischen Behandlung.

 

Technische Daten der durchgeführten Wurzelkanalbehandlung:

Röntgenmessaufnahme vom 12.02.2001

Wurzelkanal

Mesio-vestibulär

Mesio-lingual

Disto-vestibulär

Disto-lingual

Referenzpunkt

MV-Höcker

ML-Höcker

DV-Höcker

DL-Höcker

ISO

10

15

15

15

Länge

22,5mm

21,5

20mm

20mm

ELM

22,5mm

22mm

-

-

Arbeitslänge

23,5mm

22mm

20mm

20mm

Apikale Aufbereitungsgrößen:

Wurzelkanal

Datum

Mesio-vestibulär

Mesio-lingual

Disto-vestibulär

Disto-lingual

12.02.2001

02/20

02/20

02/35

02/35

13.03.2001

03/25 - Verifier

03/30 - Verifier

04/35

04/40

 

Bild 1

Bild 2

Bild 3

Bild 4