Praxis für ZahnMedizin

   Tulus & Tulus
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Fall Nr. 7

 

Patientin: B.B. geb. 1952, Lehrerin

Behandler: Dr. Gabriel Tulus

Anliegen: Durchführung endodontischer Behandlung am Zahn 37 (Überweisung)

 

 

Allgemeinmedizinische Anamnese – unauffällig

 

 

Zahnmedizinische Anamnese – einige Monaten nach Eingliederung einer Brücke im linken Unterkiefer bekam die Patientin starke, stechenden Schmerzen, die zunächst nach wenigen Minuten spontan aufhörten. Der Patientin wurden zunächst von ihrem Hauszahnarzt Schmerzmittel (Dolomo) und Antibiotika (Sobelin) verordnet. Mehrere Monate nach diesem Zwischenfall war die Patientin beschwerdefrei. Danach (etwa 4-5 Monaten) traten erneut starke Schmerzen auf, die primär beim Kauen hervorgerufen wurden. Die Patientin gibt an, dass sie die Brücke nicht belasten konnte; auch wurde sie nachts wach beim Berühren der Brücke mit den Antagonisten. Sie stellte sich erneut beim Hauszahnarzt vor. Der Versuch die Brücke zu entfernen ohne sie dabei zu zerstören scheiterte und demzufolge wurde der Zahn 37 durch die Krone trepaniert und „ca. 5 Minuten behandelt“ (Angaben der Patientin). Ihr wurden erneut die gleichen Medikamente wie bei dem vorherigen Zwischenfall verordnet. Sie wurde mir überwiesen, mit der Bitte die bereits angefangene endodontische Behandlung zu beenden. Nach der Schmerzbehandlung war die Patientin beschwerdefrei. Die Patientin brachte auch eine ca. 6 Monate alte Röntgenaufnahme mit, die allerdings nicht aussagekräftig war (nur die obere Hälfte des Zahnes auf dem Röntgenbild).

 

 

Zahnmedizinische Untersuchung – fokussiert auf Zahn 37

Ø      Zahn 37 mit einer gut adaptierten VMK Krone versehen, distaler Pfeiler einer Brücke

Ø      Trepanationsstelle mit Cavit geschlossen

Ø      Sehr leichte Perkussionsempfindlichkeit

Ø      Keine Lockerung, kein Parodontalbefund (Sondierungstiefe 2 mm), keine Schwellung, keine Fistelgänge

 

 

Zahnmedizinische röntgenologische Untersuchung (Bild 1):

Ø      Gut adaptierte Kronenränder

Ø      Verdacht auf sehr enge oder sogar obliterierte Wurzelkanäle

Ø      Starke Krümmung der Wurzeln

Ø      Parodontitis apikalis kleiner Größe, bzw. eine gut erkennbare kleine periapikale Transluzenz im Bereich der mesialen Wurzel

 

 

Diagnose:

Ø      Parodontitis apikalis

Ø      Zustand nach alio-loco angefangene endodontische Behandlung

 

 

Therapie – endodontische Behandlung des Zahnes 37

 

 

Sitzung 1 – 07.02.2000

Ø      Entfernung der Cavitfüllung und darunter liegenden Wattepellets unter Kofferdam und ausgiebiege Spülung mit NaOCl 3%

Ø      Darstellung und koronale Erweiterung der drei Kanaleingänge unter Einsatz der Lichtluppe (5,5fach)

Ø      Sondierung der Kanäle mit Feilen ISO 08 mesial und ISO 10 distal und elektrometrische Längenbestimmung des distalen Wurzelkanals (bei den mesialen Wurzelkanälen leuchtete die Apexanzeige bei 21mm tiefe noch nicht auf)

Ø      Röntgenmessaufnahme („S-förmige“ mesiale Kanäle festgestellt)

Ø      Aufbereitung aller Wurzelkanäle mit vorgebogenen Edelstahlfeilen nach der von F. S. Weine entwickelter Aufbereitungstechnik, beginnend mit ISO 08 bis ISO 15

Ø      Aufbereitung der Kanäle mit Ni-Ti Feilen FlexMaster nach der Crown-Down Technik, allerdings jeweils bis zur Krümmung, angetrieben von Endo-Stepper Motor

Ø      Manuelle Aufbereitung unterhalb der Krümmungen mit Ni-Ti Feilen bis ISO 25 bei den mesialen Kanälen und ISO 35 bei dem distalen Wurzelkanal

Ø      Spülung mit NaOCl 3% jeweils 2ml pro Kanal nach jedem Instrumentenwechsel

Ø      Anschließende Spülung mit Chlorhexamed 1% jeweils 2 ml pro Kanal

Ø      Medikamentöse Einlage mit Calxyl

Ø      Provisorischer Verschluss mit Cavit

 

 

Sitzung 2 – 14.02.2000

Ø      Patientin war beschwerdefrei

Ø      Entfernung des prov. Verschlußes mit Ultraschall unter Kofferdam

Ø      Abschließende Aufbereitung der Wurzelkanäle mit FlexMaster Feilen (02/30 mesial und 02/40 distal)

Ø      Spülung mit NaOCl 3% jeweils 2 ml pro Kanal nach jedem Instrumentenwechsel

Ø      Anschließende Spülung mit Chlorhexamed 1% jeweils 2 ml pro Kanal

Ø      Trocknung mit sterilen Papierspitzen (die letzten Papierspitzen waren farb- und geruchlos)

Ø      Wurzelkanalfüllung mittels lateraler Kondensation von Guttapercha und AH-Plus

Ø      Röntgenkontrollaufnahme (Bild 3)

Ø      Adhäsiver Verschluß mit selbsthärtendem Komposit (Core-Paste)

 

 

Kontrolle nach über drei Jahren (01.03.2003)

 

Patientin sucht die Praxis erneut auf für die Durchführung einer endodontischen Behandlung an einem anderen Zahn. Bei der Gelegenheit konnte auch der Zahn 37 röntgenologisch kontrolliert werden. Die Wurzelfüllung erscheint röntgenologisch unverändert; lediglich die geringe Überstopfung mit Sealer hat sich resorbiert (Bild 4). Die Heilung der periapikalen Läsion ist vollständig. Die Patientin berichtet, dass Sie nach dem Behandlungsabschluß bis dato beschwerdefrei gewesen sei.

 

 

Epikrise

 

Vermutlich hat sich zunächst eine Pulpitis am Zahn 37 als Antwort auf therapeutisch-iatrogene mechanische Reize (Schleifen für die Krone, keine geeignete Unterfüllung, zu dünn angerührter Befestigungszement u.s.w.) entwickelt. Die zunächst nicht behandelte Pulpitis führte zur Pulpanekrose. Die beim zweiten Zwischenfall abgeklungenen Schmerzen unmittelbar nach der Trepanation führen zu der Hypothese, dass die heftigen Schmerzen aufgrund einer starken Druckerhöhung wegen der im Pulparaum gebildeten Gase entstanden sind (die Kanäle wurden im Rahmen der alio-loco durchgeführte Notfallbehandlung nicht dargestellt und nicht sondiert).

 

Nach Absprache mit der Patientin und dem Hauszahnarzt, wurde die Entscheidung getroffen, die Brücke in-situ zu belassen, da diese erst ein Jahr alt war und auch mängelfrei. Allerdings erschwerte diese Entscheidung (dieses Vorgehen) die Durchführung der endodontischen Behandlung.

 

Die Sondierung der mesialen Kanäle erfolgte sehr mühsam, zunächst mit K-Feilen ISO 08 unter Anwendung eines Gleitmittels. Besonders problematisch war die vorhandene Doppelkrümmung. Die Aufbereitung der mesialen Kanäle erfolgte „stufenweise“, nach der Weine Technik, zunächst bis zur ersten Krümmung, dann wurde sie geringfügig begradigt  und danach erfolgte die Aufbereitung bis zum Apex,  um unerwünschte starke Begradigungen, Perforationen der inneren Krümmung und/oder eventuelle Instrumentenfrakturen zu vermeiden. Die fehlenden Anzeigen bei den mesialen Kanäle entstanden wegen des zu großen Abstands zum Foramen physiologicum (die Feilen ließen sich zunächst auch nicht weiter als 21mm in die mesialen Kanälen einschieben).

 

Die anschließende Aufbereitung erfolgte bei allen Kanälen mit rotierenden Ni-Ti Instrumenten, um eine bessere Formgebung und Säuberung erzielen zu können, im Sinne eines „Finierens“ der Aufbereitung.

 

Bei der Wurzelfüllung der mesialen Kanäle wurden Ni-Ti Spreader verwendet, die sich als besonders gut geeignet für die Doppelkrümmung erwiesen.

 

Die röntgenologisch unveränderte Wurzelfüllung und die vollständige Heilung der periapikalen Läsion sprechen für einen Erfolg der durchgeführten endodontischen Behandlung.

 

 

Technische Daten der Revision der alio loco durchgeführte Wurzelkanalbehandlung:

 

Röntgenmessaufnahme vom 10.10.2000

Wurzelkanal

Mesiovestibulär

Mesiolingual

Distal

Referenzpunkt

MV-Höcherspitze

ML-Höckerspitze

DV-Höckerspitze

ISO

10

10

15

Länge

21mm

20mm

20,5

ELM

23mm – beide Kanäle; erst nach Rö-Mess

20,5

Arbeitslänge

23mm

20mm

20,5mm

 

 

Apikale Aufbereitungsgrößen:

 

Wurzelkanal

Datum

Mesiovestibulär

Mesiolingual

Distal

10.10.2000

02/25

02/25

02/35

20.12.2000

02/30

02/30

02/40

Bild 1 Bild 2
Bild 4 Bild 5