Praxis für ZahnMedizin

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Fall Nr. 4

 

Patient: M.R. geb. 1966, Diplom-Ingenieur

Behandler: Dr. Gabriel Tulus

Anliegen: Abklärung von Schmerzen im linken Oberkiefer, ggf. Durchführung endodontischer Behandlung am Zahn 24

 

Allgemeinmedizinische Anamnese – unauffällig

 

Zahnmedizinische Anamnese – umfangreiche Sanierung vor ca. zwei Jahren. Patientenangaben zufolge, leidet er unter seit Tagen sich wiederholender pulsierenden Schmerzen im linken Oberkiefer, die nur durch Einnahmen schmerzstillender Medikamenten abklingen. Der Patient meint, den schmerzauslösenden Zahn lokalisieren zu können. Bereits nach der Eingliederung der Restauration reagierte der betroffene Zahn übermäßig stark auf thermische Reize; die Schmerzen seien aber unmittelbar danach abgeklungen. Vor ca. acht Monaten, während des Sommerurlaubs, war der Zahn extrem empfindlich und verursachte einige Tage starke strahlende Schmerzen, die die Einnahme von schmerzstillenden Mitteln erforderlich machte.

 

Zahnmedizinische klinische Untersuchung – fokussiert auf Zahn 24

Ø      Zahn 24 mit einem klinisch intakten Onlay aus Goldlegierung versorgt

Ø      Mäßige Perkussionsempfindlichkeit

Ø      Mäßige Empfindlichkeit beim Pusten mit dem Luftspray, starker Schmerz einige Sekunden später

Ø      Keine Lockerung, kein Parodontalbefund (Sondierungstiefe 2 mm), keine Schwellung, keine Fistelgänge

 

Zahnmedizinische röntgenologische Untersuchung (Bild 1):

Ø      Gut adaptierte Onlayränder

Ø      Keine pathologischen Veränderungen im desmodontalen Bereich

Ø      Resorbtion am Apex der palatinalen Wurzel

Ø      Tiefe Unterfüllung, die eine frühere direkte oder indirekte Überkappung nicht ausschließen lässt

Ø      Komplexe Anatomie der Wurzelkanäle (vermutlich drei Wurzelkanäle)

 

Diagnose:

Ø      Irreversible symptomatische Pulpitis

 

Therapie – Durchführung endodontischer Behandlung am Zahn 24

 

Sitzung 1 – 17.04.2001

Ø      Infiltrationsanästhesie, Trepanation und Anlegen einer Zugangskavität unter Kofferdam

Ø      Entfernung des Pulpagewebes aus der Pulpakammer

Ø      Darstellung der drei Kanaleingänge unter Einsatz der Lichtlupe (5,5fach)

Ø      Verlegung der vestibulären Kanaleingänge und Koronale Erweiterung aller Wurzelkanäle mit Ultraschallspitzen und OS-Pro-File

Ø      Sondierung der Kanäle bis zum physiologischem Foramen und elektrometrische Bestimmung der Arbeitslänge

Ø      Röntgenologische Überprüfung[1] der elektrometrisch ermittelten Arbeitslänge (Bild 2,)

Ø      Aufbereitung der vestibulären Kanäle mit vorgebogennen Edelstahlfeilen nach der von F. S. Weine entwickelten Aufbereitungstechnik, beginnend mit ISO 10 bis jeweils ISO 15

Ø      Maschinelle Aufbereitung mit Ni-Ti Feilen des palatinalen Wurzelkanals bis ISO 40

Ø      Spülung mit NaOCl 3% jeweils 2ml pro Kanal nach jedem Instrumentenwechsel

Ø      Medikamentöse Einlage mit Calxyl

Ø      Provisorischer Verschluss mit Cavit

 

Sitzung 2 – 22.05.2001

Ø      Zahn 24 seit der ersten Sitzung symptomlos

Ø      Weitere Bearbeitung der vestibulären Kanäle mit vorgebogenen Hedströmfeilen bis ISO 25 apikal und abschließende Aufbereitung mit Ni-Ti Feilen FlexMaster, jeweils bis 04/30

Ø      Weitere maschinelle Aufbereitung mit rotierenden Ni-Ti Instrumenten des palatinalen Wurzelkanals (apikal bis ISO 50)

Ø      Überprüfung mit Verifier der zu verwendenden Obturatoren für die Wurzelfüllung

Ø      Überprüfung der Säuberung und anschließende Trocknung mit sterilen Papierspitzen

Ø      Die Wurzelkanalfüllung erfolgt thermoplastisch mit Soft-Core Obturatoren und AH Plus.

Ø      Röntgenkontrollaufnahme (Bild 3)

Ø      Adhäsiver Aufbau mit selbshärtendem Komposit (Core-Paste)

 

 

Kontrolle nach zwei und halb Jahren (07.11.2003):

 

Stabile klinische Situation, keine Symptomatik. Röntgenologisch sind eine Knochenbildung im Bereich der palatinalen Wurzelspitze und eine leichte Resorbtion des apikalen Puff (Sealer) zu erkennen (Bild 4). Lediglich die Kompositfüllung war erneuerungsbedürftig (wurde auch erneuert) und ein neues Onlay wurde dem Patienten vorgeschlagen.

 

 

Epikrise

 

Die Ursache der irreversiblen Pulpitis liegt höchstwahrscheinlich zwei Jahren vor der endodontischen Behandlung und zwar in Verbindung mit dem 1999 eingegliederten Onlay (tiefe Karies vor Präparation, Präparationstrauma, ungeeignete Überkappung, starke thermische Reize nach Eingliederung). Auch die Unterfüllung, bzw. ihre Toxizität hätte eine Ursache für die Pulpitis gewesen sein können (es wurde vermutlich nur ein Phosphatzement verwendet). Der Zahn reagierte bis zum Datum der endodontischer Behandlung stets auf thermische Reize; allerdings hatte im Bereich der palatinalen Wurzel schon längst eine Pulpanekrose stattgefunden (im Rahmen der Kanalsondierung wurde gangränös riechende nekrotische Pulpa angetroffen; die Endotoxine aus infizierten Pulparesten haben wahrscheinlich die zunächst röntgenologisch und später auch klinisch festgestellte Apexresorption verursacht).

 

In den drei Wurzelkanälen des Zahnes 24 wurden verschiedene Pulpazustände gefunden. Während im palatinalen Kanal die Pulpagewebe bereits nekrotisch waren, befand sich die Pulpa in den vestibulären Kanälen im Zustand einer purulenten Pulpitis. Die Trepanation der Pulpakammer induzierte zunächst keine Blutung, sondern minimalen Pusaustrit.

 

Die vestibulären Kanäle waren zunächst obliteriert und konnten erst nach Erweiterung der Zugangskavität mittels diamantierten Ultraschallspitzen dargestellt werden. Auch eine leichte Verlegung nach aproximal mittels OS-Pro-File war notwendig gewesen. Die Sondierung dieser Kanäle erfolgte sehr mühsam, zunächst mit K-Feilen ISO 08 unter Anwendung eines Gleitmittels. Die Aufbereitung dieser Kanäle erfolgte zunächst nach der Weine Technik um eine starke Begradigung, Perforation der inneren Krümmung und eventuelle Instrumentenfrakturen zu vermeiden.

 

Bei der Wurzelfüllung wurden zunächst die vestibulären Kanäle mit Verifier ausgeblockt und erfolgte erst die Füllung des palatinalen Wurzelkanals. Nach Erhärtung der Guttapercha, wurde ein Verifier vorsichtig entfernt und es erfolgte die Füllung dieses Wurzelkanals. Nach einer erneuten Wartezeit von ca. 6-7 Minuten (bis die Guttapercha hart war) wurde der noch in situ verbliebene Verifier langsam mobilisiert und danach erfolgte die Füllung des drittes Wurzelkanals (die Kanaleingänge vestibulär lagen dicht beieinander).

 

 

 

Technische Daten der endodontischen Behandlung des Zahnes 24:

 

Röntgenmessaufnahme vom 10.10.2000

Wurzelkanal

Mesiovestibulär

Distovestibulär

Palatinal

Referenzpunkt

V-Höcherspitze

V-Höckerspitze

P-Höckerspitze

ISO

15

10

30 (Spreader)

Länge Rö

20mm

18mm

19mm

ELM

20mm

19mm

19mm

Arbeitslänge

20mm

20mm

20,5mm

 

 

Apikale Aufbereitungsgrößen:

 

Wurzelkanal

Datum

Mesiovestibulär

Distovestibulär

Palatinal

17.04.2001

02/15

02/15

04/40

22.05.2001

04/30

04/30

02/50



[1] Eine Rö-Messaufnahme unter Kofferdam war bei diesem Patienten nicht möglich. Daraufhin wurde zunächts die Zugangskavität mit einem mit Chlorhexamed impregniertem Wattepellet zugestopft, der Kofferdamm kurz abgenommen, die Messaufnahme angefertigt und der Kofferdamm wieder appliziert.

Bild 1 Bild 2
Bild 3 Bild 4