Praxis für ZahnMedizin

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Fall Nr. 8

 

Patientin: K.K. geb. 1974, Zahnarzthelferin

Behandler: Dr. Gabriel Tulus

Anliegen: Durchführung endodontischer Behandlung am Zahn 25 - Überweisungspatientin

 

 

Allgemeinmedizinische Anamnese – unauffällig

 

 

Zahnmedizinische Anamnese – Patientenangaben zufolge, leidet sie unter seit Tagen sich wiederholender strahlender Schmerzen im linken Oberkiefer, die nur nachts auftauchen und nur durch Einnahmen schmerzstillender Medikamente abklingen. Die Patientin behauptet, den schmerzauslösenden Zahn genau lokalisieren zu können. Sie hatte bereits vor ca. sechs Monaten ähnliche Schmerzen, allerdings nur auf Druck und weniger intensiv als jetzt. Die Patientin – Zahnarzthelferin – ignorierte damals die Schmerzen und führte sie auf eine Erkältung zurück. Damals vergingen die Schmerzen ohne jegliche Maßnahme. Sie brachte eine etwas ältere OPG-Aufnahme mit (ca. vier Jahre alt), die eine kleine periapikale Läsion am Zahn 25 zeigte.

 

 

Zahnmedizinische klinische Untersuchung – fokussiert auf Zahn 25

Ø      Gut adaptierte Kompositfüllung OD am Zahn 25

Ø      Stark verfärbter Zahn 25; verdacht auf mesiale Karies unter der Randleiste (nicht feststellbar bei der Überprüfung mit der Sonde)

Ø      Bis zum Zahn 25 reagieren alle Zähne des zweiten Quadranten auf Sensibilitätstests

Ø      Bis zum Zahn 25 zeigen die Zähne des zweiten Quadranten keine Perkussionsempfindlichkeit

Ø      Zahn 25 stark perkussionsempfindlich

Ø      Parodontale Sondierungstiefe 2 bis 3 mm, ohne endodontischen Bezug

Ø      Keine Schwellungen oder Fistel extra- oder intraoral

Ø      Lockerungsgrad I

 

 

Zahnmedizinische röntgenologische Untersuchung:

Ø      Zahn 25 mit intakter Füllung OD bis in der Pulpanähe im distalen Bereich

Ø      Massive mesiale Karies

Ø      Eröffnung der Pulpakammer durch Karies

Ø      Teilweise obliterierte Wurzelkanäle im mittleren Drittel der Wurzel (röntgenologische Erscheinung)

Ø      Zahn 25 mit apikaler Parodontitis bzw. periapikale Transluzenz mit einem Durchmesser von ca. 7-8mm (mit dem Messprogramm der Röntgen-Software gemessen)

 

 

Diagnostik:

Ø      Symptomatische Parodontitis apikalis 25, bzw. Exazerbation einer seit längerer Zeit existierende chronische apikalem Parodontitis

Ø      Mesiale Karies 37

 

 

Therapie – endodontische Behandlung des Zahnes 25 und Rücküberweisung zur Hauszahnärztin

 

 

Sitzung 1 – 29.11.2002

Ø      Infiltrationsanästhesie wegen des akuten bzw. schmerzhaften Zustandes

Ø      Trepanation des Zahnes und Anlegen einer Zugangskavität unter Kofferdam

Ø      Darstellung der Kanaleingänge unter Einsatz der Lichtlupe (5,5fach)

Ø      Koronale Erweiterung der Kanäle mit Intro-File

Ø      Sondierung der Kanäle (vestibulär mit Feilen ISO 10 und palatinal mit Feilen 12,5) bis zum physiologischen Foramen und elektrometrische Bestimmung der Arbeitslänge

Ø      Überprüfung der elektrometrisch ermittelten Arbeitslänge mit dem Messprogramm der Röntgen-Software

Ø      Maschinelle Aufbereitung mit Ni-Ti Feilen bis ISO 02/35

Ø      Ultraschallaktivierte Spülung mit NaOCl 3% jeweils 2ml pro Kanal nach jedem Instrumentenwechsel

Ø      Medikamentöse Einlage mit Calxyl

Ø      Provisorischer Verschluss mit Cavit

 

 

Sitzung 2 – 10.12.2002

Ø      Patientin beschwerdefrei

Ø      Unter Kofferdam werden die Wurzelkanäle weiter maschinell mit Ni-Ti Feilen aufbereitet

Ø      Eine geplante Rö-Messaufnahme nicht möglich, da Verdacht auf Schwangerschaft besteht

Ø      Ultraschallaktivierte Spülung mit NaOCl 3% jeweils 2ml pro Kanal nach jedem Instrumentenwechsel

Ø      Überprüfung der Säuberung und anschließende Trocknung mit sterilen Papierspitzen

Ø      Erneute medikamentöse Einlage mit Calxyl (Kanäle können nicht getrocknet werden – Sekret)

Ø      Provisorischer Verschluss mit Cavit

 

 

Sitzung 3 – 21.01.2003

Ø      Patientin beschwerdefrei

Ø      Der Schwangerschaftverdacht wurde inzwischen bestätigt

Ø      Weitere Aufbereitung mit Ni-Ti Feilen FlexMaster bis 04/40 (beide Wurzelkanäle)

Ø      Ultraschallaktivierte Spülung mit NaOCl 3% jeweils 2ml pro Kanal nach jedem Instrumentenwechsel

Ø      Überprüfung der Säuberung und anschließende Trocknung mit sterilen Papierspitzen (Papierspitzen trocken und geruchlos)

Ø      Überprüfung mit Verifier der zu verwendeten Obturatoren für die Wurzelfüllung

Ø      Die Wurzelkanalfüllung erfolgt thermoplastisch mit Soft-Core Obturatoren und AH Plus

Ø      Adhäsiver Aufbau mit lichthärtendem Komposit (Tetric-Ceram)

 

 

 

 

Kontrolle nach fünf Monaten (11.05.2003):

 

Die Patientin stellt sich zur Kontrolle vor. Wegen eines Unfalles wurde die Schwangerschaft unterbrochen. Der Zahn war symptomlos. Die Röntgenaufnahme (Bild 2) zeigt eine gute Heilungstendenz der apikalen Läsion.

 

 

Kontrolle nach 13 Monaten (17.02.2004)

 

Die Heilung der periapikalen Läsion ist vollständig. Die Patientin berichtet, dass Sie nach dem Behandlungsabschluss bis dato beschwerdefrei gewesen sei.

 

 

 

Epikrise

 

Eine mögliche Erklärung für die apikale Parodontitis des Zahnes 25 sind die Irritationen die im Zusammenhang mit der Füllungstherapie (Präparationstrauma, mögliches starkes Austrocknen des Dentins während der Applikation der Kompositfüllung, verbliebene Phosphorsäurereste, ungenügende Dentinversiegelung) die keine Unterfüllung hatte, aufgetreten waren. Auch die röntgenologisch entdeckte mesiale Karies, die sicherlich seit Jahren existiert und die sich bis zur Pulpa erstreckte, könnte eine Ursache der apikalen Parodontitis sein. Nicht auszuschließen wären das Vorhandensein der Karies vor dem Legen der distalen Füllung oder eine damalige inadäquate Säuberung des kontaminierten Dentins.

 

Nach den anamnestischen Daten wäre zu entnehmen, dass sich zunächst schleichend eine Nekrose der Pulpa gebildet hat. Die von der nekrotischen Pulpa ausgehenden Irritationen führten zur Parodontitis apikalis chronica, die sich im periapikalen Bereich des Zahnes 25 entwickelte. Die sechs Monaten vor der endodontischen Behandlung auftretenden leichten Schmerzen deuten auf eine subakute Exarzerbation der chronische Parodontitis. Die subakute Form ging in eine chronische Form über, die nach einigen Monaten eine akute Exazerbation erfahren hat.

 

Die vermutete Parodontitis apicalis acuta mit vollständiger Pulpanekrose bestätigte sich auch während der Behandlung; im Rahmen der Kanälesondierung wurde gangrenös riechende nekrotische Pulpa in den beiden Kanälen angetroffen. Die fehlende Blutung bei der Sondierung der beiden Kanäle gab Hinweise auf das Vorhandensein von nur avitalen Gewebe.

 

In der ersten Sitzung wurde eine schmerzstillende Maßnahme durchgeführt, im Sinne von Aufbereitung der Wurzelkanäle bis ISO 35 und ausgiebige Spülung mit NaOCl. Eine Rö-Messaufnahme wurde für die zweite Sitzung geplant.

 

In der zweiten Sitzung berichtete die Patientin über eine mögliche Schwangerschaft, die die Anfertigung von Röntgenaufnahmen nicht zulässt. Es wurde trotzdem die Entscheidung getroffen, die Wurzelkanalfüllung nicht bis zur Entbindung aufzuschieben, da die elektrometrisch ermittelte Arbeitslänge mit der mit Hilfe des Messprogramms der Röntgen-Software festgestellte übereinstimmte. Eine Wurzelkanalfüllung war jedoch in dieser Sitzung nicht möglich, da eine vollständige Trocknung der Wurzelkanäle nicht möglich war. Eine örtliche Betäubung war nicht notwendig gewesen.

 

In der dritten Sitzung wurden die Kanäle unter Kofferdam von der Calxyl-Einlage gesäubert und weiter aufbereitet und gespült. Nach Überprüfung mit sterilen Papierspitzen, wurden die Wurzelkanäle vollständig getrocknet und abgefüllt. Eine Röntgenaufnahme zur Kontrolle der Wurzelkanalfüllung wurde nicht angefertigt.

 

Die Röntgenkontrolle, die erst einige Monate später erfolgte (Bild 2) zeigt eine homogene und wandständige Wurzelkanalfüllung sowie eine Verkleinerung bzw. Heilungstendenz der periapikalen Läsion.

 

Die röntgenologisch unveränderte Wurzelkanalfüllung und die „fast“ vollständige Heilung der periapikalen Läsion (Bild 3, Bild 4 – exzentrische Projektion) wie auch die Beschwerdefreiheit der Patientin 13 Monaten nach der endodontischen Behandlung des Zahnes 25 sprechen für einen Erfolg der durchgeführten Behandlung.

 

 

 

Technische Daten der durchgeführten Wurzelkanalbehandlung:

 

Röntgenmessaufnahme wegen Schwangerschaft nicht möglich

Wurzelkanal

Vestibulär

Palatinal

Referenzpunkt

V-Höcker

P-Höcker

ISO

10

12,5

Sidexis-Software-Länge

22mm

21,5

ELM

22mm

21,5mm

Arbeitslänge

22mm

21,5

 

 

 

 

Apikale Aufbereitungsgrößen:

 

Wurzelkanal

Datum

Vestibulär

Palatinal

29.11.2002

02/35

02/35

10.12.2002

02/40

02/40

21.01.2003

04/40

04/40

 

Bild 1 Bild 2
Bild 4 Bild 5